Freitag, 11. März 2022, 18 Uhr
Stadtmuseum St. Pölten
DOK Niederösterreich Prandtauerstraße 2, 3100 St. Pölten
Neunzehn Künstler*innen aus dem Bereich Bildhauerei der Künstlervereinigung Künstlerhaus Wien präsentieren Standpunkte der BILDHAUEREI HEUTE. Unterschiedliche Künstlergenerationen, verschiedene Materialien, Größen und fast konträre Definitionen „was Bildhauerei für jeden einzelnen ist“,
treffen hier aufeinander.
AMRITA
Luise Kloos
• 10 raw rubber sheets – Natur-Kautschuk-Objekt, 56 x 45 x 12 cm
• Seidentuch, ca. 110 x 110 cm, Seide auf Seide bestickt mit einem Sanskrit Text
• 5 Gipstorsi
• Acryl auf Leinwand, 215cm x 290 cm
Das über die Zeit verdichtete Rohgummiobjekt entstand aus einzelnen rohen Kautschukblättern. Diese Blätter aus Kautschuk entdeckte ich auf einer Reise durch Kerala – Südindien. Bei einer Zugsfahrt fiel mir auf, dass überall „schmutzige“ Wäsche auf den Wäscheleinen hing, die inmitten von lichten Wäldern waren. Neugierig geworden, entdeckte ich dabei die Gewinnung von Latex und die Produktion von Kautschuk. Ich erwarb 10 Kautschukblätter und verschiffte mir diese per Post an meine Adresse in Österreich. Nach einem ¾ Jahr kam mein Paket tatsächlich an, jedoch hat es sich inzwischen verändert. Die Kautschukblätter hatten sich ineinander verfestigt und so beobachte ich nun diesen Prozess der Verdichtung seit 1997.
Diese Verdichtung beinhaltet meine aufwändige Recherche und Suche nach dem Material, meine Gespräche mit den Wissenschaftlerinnen und der Leiterin der Weltgummiforschungsinstitution „University Rubber Research Institute Kottayam“. Es folgten Gespräche mit den Familien, die in den Gummiplantagen arbeiten, Latex gewinnen und diesen zu Kautschuk verarbeiten, Gespräche mit den Händlern, die in garagenähnlichen Räumen Kautschuk lagern und damit handeln und schließlich die Erforschung des Transportes, den ich für mein Paket zu organisieren hatte. Schließlich wurde aus mir eine Expertin für Fragen der Gummiproduktion, des Handels, der Forschung und auch der Transportwege, die ich mühsam wie ein Puzzle zusammentrug. Und damit erfuhr ich auch die Gesellschaftsordnung des Matriarchats in Kerala.
Sämtliche Arbeitsvorgänge waren 1997 begleitet von der traditionellen täglichen Puja – ein spirituelles Reinigungsritual zu Sonnenuntergang, das von Menschen aller sozialen Schichten in allen Familien praktiziert wurde. Bei späteren Reisen durch Indien sah ich, dass diese täglichen Rituale durch die Einführung von Fernsehgeräten und Computer abgenommen haben, jedoch in der Gegend der Gummiplantagen bis heute stark gepflegt werden. Das Seidenobjekt ist mit einem Sanskrit Text bestickt, der beim traditionellen täglichen Reinigungsritual „Puja“ praktiziert wird.
Mānasa Puja
ist eine Instruktion der geistigen Verehrung der höchsten Gottheit während der Meditation.
Dieser Text beinhaltet heilige Mantren, die aus dem Hinduismus kommen und zu Beginn von Sri Lalita Sahasranama rezitiert werden.
„Was immer ich mit meinem Körper, meiner Sprache, meinem Geist, mit den Sinnen, dem Intellekt oder aufgrund meines Charakters tue, ich bringe dies alles dem Höchsten Herrn, Narayana, dar. Sage auch: „Om Tat Sat Brahmarpanamastu.“ Dies reinigt dein Herz und beseitigt den Makel der Erwartungshaltung, eine Belohnung für deine Handlungen zu bekommen. Om, Friede, Friede, Friede.“
So sind in dieser Arbeit „AMRITA“ Arbeitsprozesse, Veränderungsprozesse eines Naturproduktes, Forschungsprozesse, die Geschichte um Herkunft von Kautschuk und die Verbreitung über die gesamte Welt zur industriellen Nutzung, die Lebensbedingungen und gesellschaftliche Strukturen und die spirituelle Dimension ineinander verdichtet.
Die Leere der Gipstorsi stehen der Verdichtung des Gummiobjektes gegenüber. Die permanente Veränderung des Menschen, der sich immer wieder „häutet“ und damit auf die Dimension des „JETZT“ hinweist. Wir haben keine Vergangenheit, keine Zukunft, lediglich der Augenblick gehört uns.